Geschützte Akten: Wenigstens sind jetzt die Listen publik

Dokumententresore im Bundesarchiv: Hier werden gesperrte Akten aufbewahrt. (Foto Engeler/Keystone)

Von Julia Rippstein. Auf Druck der Öffentlichkeit schafft das Bundesarchiv Transparenz über Akten, die für 50 und mehr Jahre weggesperrt werden. Eine entsprechende Liste soll künftig halbjährlich publiziert werden. 

Wiederholt verlangte Öffentlichkeitsgesetz.ch gemeinsam mit der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte (SGG) die Liste der archivierten Verwaltungsakten, die von Bundesstellen wegen schutzwürdigen Interessen unter eine verlängerte Schutzfrist gestellt sind. Gemäss Artikel 12.2 des Archivgesetzes sind diese nicht öffentlich.

Das Ritual ist nun passé: Auch wegen zusätzlichen Medienanfragen hat das Schweizerische Bundesarchiv (BAR) entschieden, die Auflistung ab Ende Juni halbjährlich publik zu machen. Das sagte der BAR-Kommunikationsbeauftragte Simon Meyer: «Mit der proaktiven Publikation sparen wir uns Aufwand bei einzelnen Anfragen.» Eine Stellungnahme vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) war dazu nicht erforderlich. Das BAR habe aus Eigeninitiative entschieden und den EDÖB darüber informiert.

Das Bundesarchiv ist zu Transparenz gezwungen, nachdem wir auf Transparenz gepocht haben. Gleich wie andere Verwaltungsstellen zuvor: So hat sich das Generalsekretariat des VBS erst zur Veröffentlichung seiner Prüfberichte entschlossen, nachdem wir immer wieder Zugang verlangt hatten. Das Bundesamt für Strassen Astra machte Unfalldaten zugänglich, nachdem Medien konsequent den Zugang verlangten. Und die Eidgenössische Finanzkontrolle entschloss sich zu einer Transparenz-Reform, nachdem Medien die Berichte herausverlangt hatten. 

Alle geschützten Dossiers sind jetzt bekannt

Bundesämter sind verpflichtet, nicht mehr benötigte archivwürdige Unterlagen und Daten dem Bundesarchiv zu übergeben. Diese sind grundsätzlich nach 30 Jahren frei zugänglich. Die Regierung, aber auch die einzelnen Verwaltungseinheiten können indessen eine verlängerte Schutzfrist von 50 und mehr Jahren verfügen, falls ein überwiegendes schutzwürdiges öffentliches oder privates Interesse gegen eine Einsichtnahme spricht.

Bislang war nur ein Teil dieser weggesperrten Verwaltungsakten öffentlich aufgelistet worden: diejenigen, die vom Bundesrat einer verlängerten Schutzfrist unterstellt und jährlich im Anhang 3 der Verordnung zum Archivgesetz publiziert werden. Öffentlich genannt werden sollen künftig auch diejenigen Akten, welche von den Verwaltungseinheiten weggesperrt werden. «Erst mit dieser Liste sind – in Kombination mit dem Anhang 3 – sämtliche gemäss Art. 12.2 verlängert geschützten Dossiers transparent ersichtlich. So erhalten Forschende eine zusätzliche Übersicht über Unterlagen, die in Schutzfrist stehen», so Meyer.

 

Adoptionsdossiers sind 120 Jahre lang gesperrt

Die aktuellste, von Öffentlichkeitsgesetz.ch beschaffte Wegsperrliste zeigt, wo die Zurückhaltung besonders gross ist: Wie schon früher sind von der Finanzmarktaufsicht (Finma) und dem Verteidigungsdepartement am meisten Dossiers aufgelistet. Für 50 Jahre nicht zugänglich sind aber auch Akten des Bundesamts für Energie zur Urananreicherung oder des Bundesamts für Justiz zu Vermögenswerten einer philippinischen Person in der Schweiz. Das Aussendepartement EDA liess Dokumente zu Handels- und Zivilsachen in Taiwan sperren.

In der Regel beträgt die verlängerte Schutzfrist ein halbes Jahrhundert, sie kann «aber ausnahmsweise länger dauern», erläutert Simon Meyer. Dies ist der Fall bei Adoptionsdossiers, die neu auf der Liste stehen und vom Bundesarchiv unter Sperrfrist gestellt sind. Da es «um sehr sensitive Informationen und ein schutzwürdiges privates Interesse der betroffenen Personen» geht, soll die Sperrfrist von 120 Jahren die Veröffentlichung der Informationen vor dem Tod der adoptierten Person verhindern.

Seit ein paar Jahren ist das BAR daran, die Wegsperrliste zu überprüfen und Begründungen für verlängerte Schutzfristen nach Art. 12.2 zu kontrollieren. Auf der Liste vermerkt sind auch alle Dossiers, die noch nicht validiert worden sind. Diese Inspektion soll auch sicherstellen, dass keine schutzwürdigen Informationen online zugänglich sind. Gegenwärtig entwickelt das Bundesarchiv eine Webplattform für den Online-Zugang zum Archivgut. 


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