Philippe Boeglin gewinnt den Prix Transparence 2018

Das Öffentlichkeitsgesetz wirkungsvoll angewendet: Preisträger Boeglin vor dem Sitz des Verteidigungsdepartements in Bern.

Von Martin Stoll. Goldgeschenke, Alpenbitter-Orgien, teure Heliflüge für Offiziers-Gattinnen: Medienschaffende enthüllten letztes Jahr mithilfe des Öffenlichkeitsgesetzes Spesenexzesse der Schweizer Armee. Philippe Boeglin wird dafür mit dem Prix Transparence 2018 ausgezeichnet.

Es war ein guter Jahrgang und am Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Aus der Reihe von Medienschaffenden, welche 2018 relevante Beiträge mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert hatten, hat eine ChefredaktorInnen-Jury  im Auftrag von Öffentlichkeitsgesetz.ch die beste Transparenz-Geschichte gekürt. Mit seinem Beitrag «Les frais de l’officier» machte Philippe Boeglin von«La Liberté» das Rennen. 

Den von Boeglin publizierten Untersuchungsbericht wollte die Armee geheim halten. Darin wird ein ungehemmter Umgang hoher Militärs mit Staatsgeldern dokumentiert: Mehrmals jährlich hätten sich diese zu gediegenen Seminaren getroffen, mit «anständigen» Mehrgängern und «limitless Alkohol».  Partnerinnen von hohen Militärs wurden für Zehn­tau­sen­de Franken in Helikoptern zu Seminaren geflogen. Nach einer Schlichtung beim Öffentlichkeitsbeauftragten des Bundes konnte «La Liberté» das Ausmass der Spesenexzesse deutlich machen. 

Öffentlichkeitsgesetz.ch hat den Prix Transparence dieses Jahr zum ersten Mal verliehen. Damit ausgezeichnet werden Medienschaffende, welche ein Öffentlichkeitsgesetz zielführend und wirkungsvoll anwenden. Ein Pokal, der vom Berner Kunstglaser Daniel Stettler aus Berner Amtshaus-Sandstein und Glas geschaffen worden ist, wurde Boeglin vor dem Bundeshaus Ost, dem Sitz des Verteidigungsdepartements, übergeben. Mithilfe des Öffentlichkeitsgesetzes des Bundes hatten auch Thomas Knellwolf und Titus Plattner (Tamedia-Recherchedesk) und Lukas Mäder (NZZ) Beiträge zu den Spesen-Exzessen realisiert. Sie wurden nicht nominiert, weil alle drei im Vorstand von Öffentlichkeitsgesetz.ch engagiert sind.  

Juriert wurden zehn nominierte Beiträge von einem Fachgremium, bestehend aus Chefredaktorinnen, Chefredaktoren und Publizisten der Deutsch- und Westschweiz:  

  • Lis Borner, Chefredaktorin Radio SRF
  • Pascal Hollenstein Leiter Publizistik CH Media
  • Ariane Dayer, Chefredaktorin Tamedia Westschweiz
  • René Schuhmacher, Verleger Konsumenteninfo
  • Gabriel de Weck, Chefredaktor BNJ FM
  • Sandra Jean, Chefredaktorin Le Nouvelliste
  • Katia Murmann, Chefredaktorin Blick.ch
  • Martina Fehr, Chefredaktorin  Südostschweiz

«Journalismus, der etwas bewegt»

Ausgelöst hat die Untersuchung zur Spesenpraxis in der Armee der ebenfalls wegen Spesenmissbrauch angeschuldigte Oberfeldarzt Andreas Stettbacher.  Er packte gegenüber Untersuchungsbeauftragten aus, um zu beweisen, dass es seine Chefs noch bunter trieben. Das VBS hat als Reaktion auf die Exzesse ein Spesenreglement eingeführt. «Seine Recherche zeigt Journalismus, der etwas bewegt», sagt Jury-Mitglied Katia Murmann zu Preisträger Philippe Boeglin, dem Bundeshauskorrespoondenten von  La Liberté.  «Er ist drangeblieben, hat nicht lockergelassen und hat sich die Dokumente erkämpft», sagt sie in einem Webvideo.

Quecksilber und PCB auf Platz zwei und drei

Mit dem zweiten Platz prämiert wurde eine Medienvereinigung, bestehend aus Walliser Bote, Le Nouvelliste, dem Westschweizer Fernsehen RTS und Le Temps. Die Medienschaffenden David Biner, Julien Robyr, Marie Giovanola und Xavier Lambiel hatten vor einem Jahr von den Walliser Behörden einen Untersuchungsbericht zur Historie der Quecksilberverschmutzung durch das Chemiewerk Lonza herausverlangt. Anhand des Dokuments konnten sie zeigen, wie die Behörden das gravierende Umweltproblem ignoriert und dadurch verschärft hatten.

Die Bündner Journalistin Stefanie Hablützel wurde mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Sie hat für die Zeitschrift Der Beobachter zu einer Umweltpanne bei der Sanierung der im Kanton Graubünden gelegenen Staumauer Punt dal Gall recherchiert. Unterlagen, welche sie gestützt auf das kantonale Öffentlichkeitsgesetz herausverlangt hatte, lassen auf ungenügende Kontrollen schliessen. 2016 gelangten vermutlich grosse Mengen der krebserregenden Industriechemikalie PCB ins Wasser.  

Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 46 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2018 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2018 nominiert.


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