Der lange Weg zu Transparenz bei Bundes-Aufträgen

Von Christian Brönnimann. Es brauchte viel, bis das Wirtschafsdepartement seine freihändigen Vergaben offenlegte. Von der fragwürdigen Praxis im Seco sollte niemand erfahren.

 

Informatik für 34 Millionen Franken regelwidrig beschafft: Ex-Seco-Chef Jean-Daniel Gerber. (Foto: RDB/Sobli/Bruno Torricelli)

Der Anfang der Recherche zu dieser Geschichte liegt weit zurück. Im Sommer 2012 kam der Insieme-Skandal in der Steuerverwaltung ans Licht. Eine Untersuchung zeigte Misswirtschaft und eine rechtswidrige Vergabepraxis im IT-Grossprojekt detailliert auf. In der Folge stellte ich bei den sieben Departementen der Bundesverwaltung ein Gesuch um Offenlegung aller freihändigen Vergaben der letzten Jahre. Dabei stützte ich mich auf das Öffentlichkeitsgesetz. Freihändige Vergaben müssten eigentlich zwingend auf der Plattform www.simap.ch publiziert werden, doch ich hatte den Verdacht, dass dies nicht immer geschieht.

Das Gesuch stiess in den Amtsstuben auf wenig Begeisterung. Ein Departementssprecher fragte in einem Telefongespräch in ziemlich rüdem Ton, ob ich eigentlich nichts Besseres zu tun hätte, als die Verwaltung mit solch unnützen Fragen zu beschäftigen. Besonders gross war der Widerstand im Wirtschaftsdepartement. Während die anderen Departemente die Angaben früher oder später lieferten, teilte mir das Wirtschaftsdepartement per Verfügung mit, es lehne das Gesuch ab. Das steigerte natürlich die Neugier. Mit Hilfe des Tamedia-Hausjuristen reichte ich beim Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür einen Schlichtungsantrag gemäss Artikel 13 des Öffentlichkeitsgesetzes ein. Dann geschah lange nichts.

Wegen der Arbeitsbelastung dauerte es über ein Jahr, bis sich eine Mitarbeiterin des Öffentlichkeitsbeauftragten der Sache annahm. Sie handelte mit dem Wirtschaftsdepartement eine Kompromisslösung aus. Ich sollte die Angaben erhalten mit Ausnahme der Namen der Firmen, welche die freihändigen Aufträge erhielten. Dies würde den Wettbewerb verzerren oder gar die Existenz der Firmen gefährden, so die Begründung. Ich willigte ein unter der Voraussetzung, dass zusätzliche Informationen fliessen. Zum Beispiel verlangte ich nach anonymisierten Platzhaltern an Stelle der Firmennamen. Das half dabei, die Vergabemuster besser nachvollziehen zu können.

Die zugestellte Liste enthielt rudimentäre Angaben über die freihändig beschafften Güter. Besonders auffällig waren die vielen Vergaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Informatikbereich. Von 2009 bis 2011 vergab das Seco 43 Aufträge im Umfang von 34 Millionen Franken für die IT der Arbeitslosenversicherung unter der Hand. Der Anfangsverdacht bestätigte sich: Keine einzige dieser Vergaben war auf der Simap-Plattform publiziert worden. Das bestärkte mich in der Absicht, die Geschichte öffentlich zu machen. Wenn ein wichtiger Grundsatz eines transparenten Vergabewesens systematisch missachtet wird, kann dies auf weitere Missstände hindeuten.

Ob es im Seco zu grösseren Unregelmässigkeiten kam, will nun die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats prüfen. Für Journalisten wäre der Aufwand riesig, um Einsicht in jeden einzelnen Vertrag zu kämpfen. Im Moment bleibt die Unsicherheit, womöglich viel Energie in die Recherche von Vergaben gesteckt zu haben, die zwar nicht korrekt abgewickelt wurden, ansonsten jedoch problemlos waren – oder aber vielleicht nur an der Oberfläche gekratzt zu haben.

 


Christian Brönnimann ist Bundeshausredaktor bei Der Bund und Tages-Anzeiger

 


Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar schreiben zu können.