Der Ständerat ebnet den Weg für Transparenz ohne Geld

Von Martin Stoll. Der Ständerat hat beschlossen, auf die Vorlage zur Gebührenbefreiung im Öffentlichkeitsgesetz einzutreten. Mehr als 600 Medienschaffende, darunter 50 Chefredakteurinnen und Chefredakteure haben sich dafür eingesetzt.
Die Kehrtwende im Ständerat kommt überraschend: Zwei Mal hatte die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates empfohlen, auf die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Edith Graf-Litscher nicht einzutreten. Im zweiten Anlauf ist der Rat jetzt mit 25 gegen 18 Stimmen eingeschwenkt.
Den Ausschlag gaben Politikerinnen und Politiker der FDP und der SVP, die sich gemeinsam mit der Ratslinke für einen grundsätzlich gebührenfreien Zugang zu Verwaltungsdokumenten ausgesprochen haben.
Widerstand von der Mitte-Partei
Die Mitte-Partei verlangte hingegen geschlossen, Transparenzgebühren beizubehalten. Heidi Z’graggen (Die Mitte/UR) beteuerte, man wolle damit den Grundsatz der Verwaltungstransparenz nicht schwächen. Es gehe darum, hohe Aufwände Einzelner nicht auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
So haben die Politikerinnen und Politiker bei der Transparenzvorlage entschieden
Stimmen von FDP und SVP gaben bei der Gebührenabstimmung im Ständerat den Ausschlag.
Pirmin | Bischof | Die Mitte | SO | Nein |
Isabelle | Chassot | Die Mitte | FR | Nein |
Stefan | Engler | Die Mitte | GR | Nein |
Erich | Ettlin | Die Mitte | OW | Nein |
Daniel | Fässler | Die Mitte | AI | Nein |
Andrea | Gmür-Schönenberger | Die Mitte | LU | Nein |
Brigitte | Häberli-Koller | Die Mitte | TG | Nein |
Peter | Hegglin | Die Mitte | ZG | Nein |
Charles | Juillard | Die Mitte | JU | Nein |
Marianne | Maret | Die Mitte | VS | Enthalten |
Othmar | Reichmuth | Die Mitte | SZ | Nein |
Beat | Rieder | Die Mitte | VS | Nein |
Benedikt | Würth | Die Mitte | SG | Nein |
Heidi | Z’graggen | Die Mitte | UR | Nein |
Thierry | Burkart | FDP | AG | Ja |
Andrea | Caroni | FDP | AR | Ja |
Josef | Dittli | FDP | UR | Ja |
Olivier | Français | FDP | VD | Nein |
Johanna | Gapany | FDP | FR | Ja |
Matthias | Michel | FDP | ZG | Ja |
Damian | Müller | FDP | LU | Nein |
Ruedi | Noser | FDP | ZH | Ja |
Martin | Schmid | FDP | GR | Nein |
Hans | Wicki | FDP | NW | Ja |
Philippe | Bauer | FDP | NE | Nein |
Maya | Graf | Grüne | BL | Ja |
Lisa | Mazzone | Grüne | GE | Ja |
Adèle | Thorens Goumaz | Grüne | VD | Ja |
Céline | Vara | Grüne | NE | Ja |
Mathias | Zopfi | Grüne | GL | Ja |
Marina | Carobbio Guscetti | SP | TI | Ja |
Eva | Herzog | SP | BS | Ja |
Daniel | Jositsch | SP | ZH | Ja |
Paul | Rechsteiner | SP | SG | Ja |
Carlo | Sommaruga | SP | GE | Ja |
Hans | Stöckli | SP | BE | Ja |
Elisabeth | Baume-Schneider | SP | JU | Ja |
Marco | Chiesa | SVP | TI | Ja |
Hannes | Germann | SVP | SH | Ja |
Hansjörg | Knecht | SVP | AG | Ja |
Alex | Kuprecht | SVP | SZ | Nein |
Thomas | Minder | parteilos | SH | Ja |
Werner | Salzmann | SVP | BE | Ja |
Jakob | Stark | SVP | TG | Ja |
Die bestehende Gebührenregelung im Öffentlichkeitsgesetz müsse der aktuellen Verwaltungspraxis angepasst werden, hielten Andrea Caroni (FDP/AR) und Hans Stöckli (SP/BE) dagegen. Heute werden die meisten Gesuche (rund 97 Prozent) gebührenfrei abgewickelt. Lisa Mazzone (Grüne/GE) erinnerte den Rat daran, dass wenige Hundert Franken Gebühren das Ende einer wichtigen journalistischen Recherche bedeuten können.
Aufruf der Medienbranche zeigte Wirkung
Öffentlichkeitsgesetz.ch ist über den Entscheid des Ständerates hocherfreut. In der Vergangenheit mussten sich Redaktionen teils bis vor Bundesgericht gegen Gebührenbescheide der Verwaltung wehren. Dieses hielt 2013 fest, dass selbst eine geringe Gebühr von 100 oder 200 Franken abschreckend wirkt und Transparenz verhindert.
Der Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch und das Recherche-Netzwerk investigativ.ch haben sich bei Parlamentarierinnen und Parlamentariern gemeinsam für einen Abbau der Transparenzgebühren eingesetzt. Auch die bedeutendsten Medienorganisationen der Schweiz (SRG, der Verband Schweizer Medien, Tamedia, Ringier etc.) und mehr als 600 Medienschaffende, darunter 50 Chefredakteurinnen und Chefredakteure (NZZ, Tamedia, CH Media etc.), haben sich im Mai in einem offenen Brief mit der Bitte an das Parlament gewandt, die Gebühren für Verwaltungsdokumente aufzuheben.
Bei der Umsetzung den Fokus im Auge behalten
Auch aus der Sicht von Bürgerinnen und Bürgern ist der Entscheid erfreulich. In den vergangenen Monaten ist zwischen einem erstaunlich grossen Teil der Bevölkerung und der Verwaltung ein Graben sichtbar geworden. In dieser Situation ist es nicht opportun, die Zugänglichkeit der Verwaltung mittels Gebühren zu erschweren. Die Öffentlichkeitsgesetze von Bund und Kantonen haben zum Ziel, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Staat zu stärken.
Bei der kommenden Ausgestaltung der neuen Gebührenregelung geht es darum, das Ziel des Öffentlichkeitsgesetzes im Auge zu behalten: Medienschaffenden und Bürgerinnen und Bürgern soll ein möglichst barrierefreier Zugang zur Verwaltungsdokumenten möglich sein.
Eine Medienmitteilung von Öffentlichkeitsgesetz.ch und dem Recherchenetzwerk investigativ.ch zum Entscheid des Ständerates kann hier abgerufen werden.