«Kein Publikationsbedürfnis»: Polizei schubladisiert Studien

Opfer zur Arbeit der Polizei befragt: Nach einer Gewalttat in Dübendorf trägt eine Polizistin eine konfiszierte Schusswaffe weg. (Foto: Keystone/Siggi Bucher)

Von Christof Schneider. Die Universität Zürich führt im Auftrag der Kantonspolizei Zürich jährlich eine Opferbefragung durch. Kostenpunkt: 117 000 Franken. Bis heute wurden die Berichte jedoch nicht publiziert.

Seit 2012 befragt das Kriminologische Institut der Universität Zürich Opfer von Verkehrsunfällen, Einbruchdiebstählen und Gewaltdelikten. Auftraggeber ist die Kantonspolizei Zürich. 

Damit will diese herausfinden, wie zufrieden die betroffenen Personen mit dem Kontakt und ihrer Arbeit sind. Und: «Positive oder negative Veränderungen im Umgang mit Betroffenen können dank der regelmässigen Befragungen frühzeitig erkannt werden», erklärt Stefan Oberlin, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich.

Hier geht’s zu den Zufriedenheitsbefragungen der Zürcher Polizei: Gewaltdelikte 2017 und 2014, Verkehrsunfälle 2016 und 2013, Einbruchdiebstähle 2015 und 2012.

Bisher verfasste die Universität Zürich sechs Berichte. Kostenpunkt: 117 000 Franken. Die Studien werden zwar in den Jahresberichten der Kantonspolizei erwähnt und wurden zum Teil in einem Fachbuch besprochen, doch publiziert worden sind die Studien nirgends.

SRF verlangte Einsicht und erhielt sie auch. Die Studien sind umfangreich und drehen sich um viele Aspekte der Polizeiarbeit: Von der Qualität der Notrufzentrale bis hin zur Dauer, bis die Polizei bei einem Tatort eintrifft. Grundsätzlich sind die befragten Personen sehr zufrieden mit der Arbeit der Kantonspolizei, das zeigen die ausgewerteten Befragungen zum Punkt «Gesamtzufriedenheit»: Dieser Wert liegt oft über 90 Prozent.

Es gibt aber auch Kritik: Die Studien zeigen, dass es Opfer von Gewaltdelikten gibt, die sich nicht ernst genommen fühlen und von fehlender Empathie sprechen. Die Studienautorinnen und Autoren halten dazu fest, dass das Fehlen von Empathie und Hilfsbereitschaft häufig kritisiert werden.

Die Studien führt die Universität Zürich im Auftrag der Kantonspolizei durch. Die Vorgabe, die Studien nicht zu publizieren, kommt von der Kantonspolizei. Auf Anfrage von SRF erklärt Stefan Oberlin, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich: «Das Schweizer Fernsehen ist die erste externe Stelle, die sich für die gesamten Studien interessiert. Dies zeigt, dass es offenbar kein Bedürfnis für eine umfassende Publikation der Studien gibt».

Markus Bischoff, Kantonsrat der AL, kritisiert das: «Es kann nicht sein, dass öffentliche Gelder eingesetzt werden, um die Arbeit der Kantonspolizei zu analysieren, diese Berichte dann aber nicht publiziert werden.»

 


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