Empfehlungen & Schlichtungen
Wer mit der Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetztes nicht zufrieden ist, kann beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein kostenloses Schlichtungsverfahren einleiten. Der EDÖB erlässt dann eine Empfehlungen. Darin wird konkret beschrieben, wie das Amt Akteneinsicht gewähren soll.
Dokumente | Datum |
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Empfehlung SEM: Totalrevision Bürgerrechtsgesetz
Antragstellerin muss weiter zum Bundesarchiv Mehr… Antragstellerin muss weiter zum Bundesarchiv Wer: Staatssekretariat für Migration (SEM) Was: Eine Privatperson stellt beim SEM den Antrag auf Einsicht zu allen Dokumenten, die "sich mit der Totalrevision des Bundesgesetztes über das Schweizer Bürgerrecht beschäftigen. Insbesondere interessieren mich dabei folgende Dokumente: Antragsentwurf des SEM, welcher an das EJPD Generalsekretariat zur Unterzeichnung durch die Vorsteherin des Departements versandt worden ist, Dokumente des Ämterkonsultations- und Vernehmlassungsverfahrens, alles jeweils inkl. Korrespondenzen". Das SEM übermittelte daraufhin die gewünschten Dokumente. Die Privatperson gelangte aber mit diversen weiteren Anfragen ans SEM, weil ihrer Meinung nach noch Dokumente beim SEM vorhanden wäre, welche dieses nicht herausgeben wolle. BGÖ-Artikel: amtliche Dokumente (Art. 5 BGÖ) Entscheid: Das SEM erhält recht. Begründung: Behauptet eine Behörde die Nichtexistenz von erfragten Dokumenten, so prüft der EDÖB die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit der Aussagen der Behörde und wiegt diese ab mit den Argumenten der Antragstellerin. Vorliegend hat das SEM vorgebracht, bereits alle bei ihm vorhandenen Dokumente übermittelt zu haben. Jedoch seien wahrscheinlich weitere Dokumente beim Bundesarchiv archiviert. Die Antragstellerin hat hierzu auch bereits ein Einsichtsgesuch gestellt. Die Ausführungen des SEM erachtet der EDÖB als plausibel, während die Vorbringen der Antragstellerin, es würden beim SEM noch weitere Dokumente vorliegen, nicht weiter begründet seien. Das SEM kann somit keine weiteren Dokumente zugänglich machen. |
09.05.2022 |
Empfehlung EDI: BGÖ-Verfahren
BGÖ-Nachhilfestunde für das EDI Mehr… BGÖ-Nachhilfestunde für das EDI Wer: Generalsekretariat des Eidg. Departements des Innern (GS-EDI) Was: Ein Journalist verlangt beim EDI diverse Unterlagen im Zusammenhang mit dem Berset-Erpressungsfall. Nach einem Austausch zwischen dem EDI und dem Journalisten sowie einer Schlichtungsverhandlung konnten sich die Parteien einigen. Im Nachgang an das Schlichtungsgesuch gelangte der Journalist erneut an das EDI und verlangte Unterlagen zu Korrespondenzen des EDI mit anderen Departementen und Behörden sowie Dritten, die im Zusammenhang mit der Recherche zu amtlichen Dokumenten seines ursprünglichen Zugangsgesuch stehen. BGÖ-Artikel: Öffentlichkeitsprinzip (Art. 6 BGÖ) – Bearbeitung Zugangsgesuch (Art. 10 BGÖ) – Präzisierung Zugangsgesuch (Art. 7 Abs. 3 VBGÖ) – Unterstützungspflicht der Behörde (Art. 3 Abs. 1 VBGÖ) Entscheid: Der Journalist erhält recht. Begründung: Das BGÖ enthält keine Sistierungsbestimmung. Eine solche ist deshalb nur möglich bei Zustimmung beider Parteien. Dem Sistierungsgesuch des EDI (bis zur Berichterstattung durch die Geschäftsprüfungskommissionen) ist deshalb nicht zu entsprechen, ungeachtet des Grundes für die Verweigerung der Sistierung. Unter anderem zweifelt das EDI an der Berechtigung des Journalisten, einen Schlichtungsantrag zu stellen, weil es sich bei seinen Anliegen "kurz gesagt um eine journalistische Anfrage handelt und nicht um ein BGÖ-Gesuch". Dem widerspricht der EDÖB, weil sich ein Antragsteller nicht explizit auf das BGÖ berufen müsse. Ausserdem sei eine Anfrage zum Inhalt eines Dokumentes gleich zu behandeln wie eine Anfrage zur Einsicht in ein Dokument. Der EDÖB mahnt das EDI, dass es auch im Verfahren nach BGÖ als hoheitlich auftretende Behörde an Treu und Glauben gebunden ist. Es muss bei einem umfangreichen oder unpräzis gestellten Gesuch Unterstützung bieten, etwa in dem es einen Auszug aus dem Dokumentenverwaltungssystem vorlegt. Aus der Reaktion des EDI auf das Gesuch des Journalisten sei zudem erkennbar, dass das EDI sehr wohl den Sachbereich des Gesuchs erkannt hat und dieses auch genügend präzis war. Schliesslich weist der EDÖB das EDI auf die in Lehre und vom Bundesrat bejahte Wiederbeschaffungspflicht für Behörden hin; Sie dürfe nichts unversucht lassen, von Dokumentes, die sie erstellt oder als Hauptadressatin erhalten hat, eine Kopie zu übermitteln. Ansonsten könnte sich eine Behörde ihrer Offenlegungspflicht einfach entledigen. Zusammenfassend soll das EDI das Zugangsgesuch des Journalisten gemäss den Vorgaben des BGÖ behandeln. |
03.05.2022 |
Empfehlung EFD: Kerngruppe Cyber
Kerngruppe Cyber will Protokolle geheim behalten Mehr… Kerngruppe Cyber will Protokolle geheim behalten Wer: Generalsekretariat des Eidg. Finanzdepartementes GS-EFD Was: Ein Journalist verlangt Zugang zu Protokollen der Kerngruppe Cyber betreffend das "Pegasus Project", Überwachungssoftware und die Positionierung der Schweiz "bezüglich des Dilemmas zwischen legitimen Sicherheitsinteressen der Strafverfolgungsbehörden und den Verstössen gegen die Menschenrechte". Das EFD will diese nicht herausgeben, weil dies die innere und äussere Sicherheit der Schweiz gefährden würde. Es weist den Journalisten lediglich auf seine jährliche Publikation "Informatiksicherheit Bund" über aussen- und sicherheitspolitisch relevante Cybervorfälle und Entwicklungen hin. BGÖ-Artikel: Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit (Art. 7 Abs. 1 Bst. c BGÖ) Entscheid: Das EFD muss das Zugangsgesuch nochmals im Einzelfall beurteilen. Begründung: Das EFD führte aus, dass die Protokolle unter anderem für Angreifer interessant wären, die dadurch abschätzen könnten, welche Taktiken und Methoden bereits entdeckt wurden und welche Informationsquellen der Bund verwendet. Eine Herausgabe mit Schwärzungen sei nicht umsetzbar. Nach Ansicht des EDÖB kollidiert diese generelle Begründung des EFD, wonach sämtliche bestehenden und künftigen Protokolle der Kerngruppe ohne weitere Prüfung unter die Ausnahmebestimmung von Art. 7 Abs. 1 Bst. c BGÖ fallen und damit per se vom Öffentlichkeitsgesetz ausgeschlossen sein sollen, mit dem Öffentlichkeitsgesetz, das keine entsprechende Generalausnahme vorsieht, wie auch dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Bisher hat das EFD es versäumt, konkrete und hinreichende Gründe darzulegen, weshalb vorliegend eine Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip gegeben sei. Er schliesst hingegen nicht aus, dass solche bestehen. |
22.03.2022 |
Empfehlung Bundesamt für Justiz: Standesregister Infostar
Privatperson muss Rechtsmittelweg beschreiten Mehr… Privatperson muss Rechtsmittelweg beschreiten Wer: Bundesamt für Justiz (BJ) Was: Eine Privatperson ersuchte beim BJ im August 2021 Zugang zu diversen Dokumenten im Zusammenhang mit dem Zivilstandesregister "INFOSTAR" und der Nichtigerklärung von Einbürgerungen. In der Folge hat der EDÖB eine Empfehlung erlassen (07. Oktober 2021). Eine darauffolgende Verfügung des BJ wurde von der Privatperson angefochten, sodass die Sache aktuell hängig bei der Rechtsmittelinstanz ist. Im Dezember 2021 gelangte die Privatperson erneut an das BJ und ersuchte um Zugang zu "allen amtlichen Dokumenten, sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit es möglich ist, die Spuren eines Nichtigerklärungsverfahrens im INFOSTAR-Eintrag eines Kindes wieder löschen zu lassen". Inhaltlich verlangt sie damit die gleichen Dokumente, welche sie bereits im August verlangt hatte, und worüber der EDÖB bereits seine Empfehlung abgegeben hatte. BGÖ-Artikel: Verfügung (Art. 15 BGÖ) Entscheid: Das BJ erhält recht. Begründung: Der EDÖB hat die Streitfrage schon beurteilt, und erkennt keine Gründe, weshalb er nochmals darauf zurückkommen sollte. Er verweist zudem auf das hängige Beschwerdeverfahren, womit bald eine Rechtsmittelinstanz über den Zugang zu den verlangten Dokumenten entscheiden wird. Er empfiehlt dem BJ, an seiner Haltung festzuhalten, also die erneute Anfrage als Wiedererwägungsgesuch aufzufassen, welches abgewiesen wird. |
09.03.2022 |
Empfehlung BJ: Schulungsunterlagen Infostar
Auch umfangreiche Zugangsgesuche müssen im Einzelnen geprüft werden Mehr… Auch umfangreiche Zugangsgesuche müssen im Einzelnen geprüft werden Wer: Bundesamt für Justiz (BJ) Was: Eine Privatperson stellt beim BJ ein umfangreiches Gesuch um Zugang zu diversen Dokumenten im Zusammenhang mit dem elektronischen Zivilstandsregister Infostar (Siehe Liste mit erfragten Dokumenten in Randziffer 14 der Empfehlung). BGÖ-Artikel: Vorbehalt von Spezialbestimmungen (Art. 43a Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 4 BGÖ) – amtliche Dokumente (Art. 5 BGÖ) – einfacher elektronischer Vorgang (Art. 5 Abs. 2 BGÖ) Entscheid: Die Antragstellerin erhält teilweise recht. Begründung: - Unbestrittenermassen besteht ein Dokument "Roadmap V2.0", welches Auskunft zum derzeitigen Projektstatus und Etappierung gibt (Begehren Nr. 7). Jedoch hat das BJ dieses Dokument unbegründet nicht übermittelt. Damit ist die Vermutung des freien Zugangs zum Dokument nicht widerlegt, es ist deshalb offenzulegen. - Hinsichtlich einer statistischen Auswertung, welche als Datengrundlage für eine Präsentation über Infostar diente (Begehren Nr. 11), kann der EDÖB nicht nachvollziehen, warum diese beim BJ nicht als amtliches Dokument vorhanden sein soll. Das BJ solle diesen Punkt nochmals prüfen und den Zugang gewähren. - Mit den Begehren Nr. 1, 2 und 6 verlangt die Antragstellerin verschiedene Übersichtslisten von amtlichen Dokumenten. Unbestrittenermassen bestehen diese noch nicht, gemäss Argumentation der Antragstellerin können diese jedoch mittels einfachem elektronischen Vorgang erstellt werden. Dieser Auffassung folgt der EDÖB, weil das BJ bis anhin nicht aufgezeigt habe, wieso dies nicht möglich sein sollte. Der blosse Hinweis, es seien sehr viele Einträge vorhanden und die Zusammenstellung deshalb aufwändig, reiche dafür nicht. - Bei einem Teil der erfragten Dokumente erklärt das BJ, diese gar nicht zu besitzen oder dass diese noch nicht existieren. Die Überzeugung der Antragstellerin, es bestünden zu diversen Unterthemen noch weitere Unterlagen beim BJ (Begehren Nr. 3, 4, 5, 8, 9 und 10), konnte sich gemäss EDÖB nicht erhärten. Die Ausführungen des BJ, dass und wieso hierzu keine amtlichen Dokumente vorliegen, hält der EDÖB für plausibel. |
08.03.2022 |
Empfehlung Bundesamt für Verkehr (BAV): Pratteln
Namen von Mitarbeitenden des BAV und SBB dürfen nur mit Begründung ges… Mehr… Namen von Mitarbeitenden des BAV und SBB dürfen nur mit Begründung geschwärzt werden Wer: Bundesamt für Verkehr (BAV) Was: Eine Privatperson ersucht beim BAV um Unterlagen zur Entflechtung des Schienennetzes in Pratteln bzw. deren Streichung aus dem Bahninfrastrukturfonds. Die Person bezieht sich auf den Standbericht der Eisenbahnausbauprogramme des Bahninfrastrukturfonds aus dem Jahr 2019, in welchem es heisse: "Auf die ursprünglich geplante Entflechtung in Pratteln kann nach intensiver Überprüfung verzichtet werden, da das Angebotskonzept 2025 sowie dasjenige für den Ausbauschritt 2035 mit einfacheren Ausbauten der Signalisierung fahrbar ist." Die Antragstellerin ist insbesondere interessiert an Dokumenten betreffend genannte Überprüfung. Das BAV übermittelte die Unterlagen, schwärzte darin aber einige Personendaten. Damit ist die Antragstellerin nicht einverstanden. Zudem seien die Unterlagen unvollständig. BGÖ-Artikel: Schutz der Privatsphäre Dritter (Art. 7 Abs. 2 BGÖ) – Schutz von Personendaten (Art. 9 BGÖ) Entscheid: Das BAV gewährt den vollständigen Zugang und prüft die Existenz weiterer Dokumente. Begründung: Die Antragstellerin möchte die Namen der in den Dokumenten genannten Personen (Mitarbeitende des BAV und der SBB) wissen, weil "Die Streichung der Entflechtung Pratteln – der mit Abstand grösste Ausgabenposten in der Nordwestschweiz – aus dem Ausbauschritt 2025 eine absolute Unverschämtheit" sei und nicht hingenommen werden könne. Grundsätzlich verweist der EDÖB auf die Interessensabwägung zwischen den privaten Interessen am Schutz ihrer Privatsphäre und dem öffentlichen Interesse am Zugang zu amtlichen Dokumenten und den darin enthaltenen Personendaten. Das BAV habe jedoch vorliegend weder die betroffenen Personen angehört noch die Schwärung begründet (es hat darüber lediglich informiert). Der EDÖB empfiehlt deshalb, die Dokumente vollständig offenzulegen, sofern es nicht eine Begründung für die Schwärzung der Personendaten nachliefern kann. Schliesslich kann der EDÖB aus den Unterlagen des BAV nicht ausschliessen, dass noch weitere Dokumente existieren. Es bestehen etwa Hinweise auf Begleitdokumente einer Sitzung. Der BAV solle deshalb seinen Bestand an Dokumente im Zusammenhang mit der Entflechtung Pratteln prüfen und allenfalls weitere Dokumente gemäss Vorgaben des BGÖ übermitteln.
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02.03.2022 |
Empfehlung Swissmedic: Medikamentenzulassung
Begründungsfaule Medikamentenherstellerin Mehr… Begründungsfaule Medikamentenherstellerin Wer: Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedic) Was: Ein Unternehmen ersuchte die Swissmedic um Zugang zu einer Zulassungsverfügung, samt zugehöriger Dokumenten wie etwa Abweichungen zu Vergleichsarzneimitteln. Die Swissmedic hörte die Zulassungsinhaberin an, informierte diese aber, dass sie beabsichtige, den Zugang (unter Schwärzung der Personendaten) zu gewähren. Die Zulassungsinhaberin wehrt sich gegen die Offenlegung der Zulassungsverfügung, weil "die Bezugnahme auf ein bestimmtes Arzneimittel ein Geschäftsgeheimnis und damit Teil der Zulassungsstrategie des Unternehmens" sei. BGÖ-Artikel: Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis (Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ) Entscheid: Swissmedic erhält recht und soll den Zugang gewähren. Begründung: Der EDÖB erklärt ausführlich die Voraussetzungen der Ausnahmen vom Öffentlichkeitsprinzip generell und betreffend die Ausnahme bei Geschäftsgeheimnissen (Rz. 15 ff). Gemäss EDÖB hat die Zulassungsinhaberin nicht aufgezeigt, welche geschäftlich relevanten Informationen im Falle einer Offenlegung einem Konkurrenten welchen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen würde. Vielmehr hat die Zulassungsinhaberin pauschal auf den gesamten Inhalt der Dokumente verwiesen, ein bloss abstraktes Gefährdungsrisiko geltend gemacht, und trotzdem die integrale Zugangsverweigerung verlangt. Schliesslich verweist der EDÖB auch auf die Swissmedic, welche selbst als Fachbehörde keine Geschäftsgeheimnisse in den verlangten Dokumenten erkennt. |
24.02.2022 |
Empfehlung BAG: CO2-Messwerte in Schulzimmern
Messungen aus 2015: Danach kräht kein Hahn mehr Mehr… Messungen aus 2015: Danach kräht kein Hahn mehr Wer: Bundesamt für Gesundheit BAG Was: Das BAG hat eine Studie zu CO2-Konzentrationswerten in Schulzimmern in Auftrag gegeben und publiziert (abrufbar hier). Ein Journalist ersuchte das BAG daraufhin um Zugang zu den Rohdaten, Namen der Schulen, insbesondere von Messungen mit Konzentrationswerten von über 2.000 ppm. Das BAG stellte zwar Rohdaten von Messungen an 100 Schulzimmern zu, schwärzte aber die Angaben zu den Schulen, samt Ortschaft und Kanton. Die an der Studie beteiligten Orte und Schulen hätten freiwillig an der Studie teilgenommen, das BAG hätte ihnen Anonymität zugesichert. Zudem seien die erhobenen Daten nicht meldepflichtig. BGÖ-Artikel: Zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen (Art. 7 Abs. 1 Bst. b BGÖ) - Beziehungen Bund und Kantone (Art. 7 Abs. 1 Bst. e BGÖ) - Zusicherung der Vertraulichkeit durch Behörden (Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ) Entscheid: Der Zugang ist vollumfänglich zu gewähren, samt Namen der Schulen. Begründung: Zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen: Das BAG befürchtet, dass sich die betroffenen Schulen bei einer Veröffentlichung aus dem Projekt zurückziehen oder für künftige Projekte nicht zur Verfügung stehen würden. Diese Befürchtung begründet das BAG nicht weiter. Zudem wurden die Messungen bereits 2013-2015 durchgeführt, und das BAG hat nicht aufzeigen können, welche künftigen Massnahmen es plane. Aufgrund der knappen Ausführungen des BAG erachtet der EDÖB den Ausnahmetatbestand nicht als erfüllt. Beziehungen Bund-Kantone: Vom Zugangsgesuch betroffen sind Schulen von drei Kantonen, wobei diese alle das Öffentlichkeitsprinzip verankert haben. Das BAG hat nicht aufgezeigt, dass kantonal restriktivere Bestimmungen gelten würden, welche der Zugänglichkeit entgegen stünden. Zudem wurde die BAG-Studie in Anwendung des Chemikaliengesetzes durchgeführt, wonach der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen Erhebungen (unter anderem zur Qualität von Innnenraumluft) durchführen kann. Das BAG informierte die Kantone vor Durchführung der Messungen, dass die Daten anonymisiert in einen Bericht fliessen werden. Damit habe das BAG jedoch nur pauschal über das beabsichtigte Vorgehen im Rahmen der aktiven Publikation informiert. Von einer eigentlichen "Zusicherung der Anonymität" könne nicht gesprochen werden. Da die Messungen nicht aktuell sind, kommen den Studienresultaten nicht mehr die gleiche Relevanz zu. Es sei deshalb nicht erstellt, wie eine Zugänglichmachung die Beziehungen zwischen Bund und Kantonen beeinträchtigen könnte. Zusicherung der Vertraulichkeit: Die Messungen wurden ausschliesslich in öffentlichen Schulen durchgeführt. Die Ausnahmebestimmung ist deshalb gar nicht anwendbar, weil diese nur private Interessen schützt. |
23.02.2022 |
Empfehlung EMPA: Lärmmessungen neuer Kampfjet
Lärmtest-Resultate sind keine Geschäftsgeheimnisse Mehr… Lärmtest-Resultate sind keine Geschäftsgeheimnisse Wer: Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) Was: Die EMPA wurde vom Bundesrat im Rahmen des Projekts "Air2030" mit Lärmmessungen von vier Kampfjet-Kandidaten beauftragt. Eine Auswertung zeige, dass keine Lärmmehrbelastung drohe (Kurzbericht Evaluation Neues Kampfflugzeug). Ein Journalist ersuchte daraufhin Zugang zum Evaluationsbericht der EMPA. Diese verweigerte den Zugang mit Verweis auf diverse Ausnahmebestimmungen des BGÖ. Im Zuge des Verfahrens verzichtete der Journalist auf die Herausgabe der Daten betreffend die nicht berücksichtigten Kampfjets. BGÖ-Artikel: Ausstehender politischer oder administrativer Entscheid (Art. 8 Abs. 2 BGÖ) – Beeinträchtigung der aussenpolitischen Interessen oder der internationalen Beziehungen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ) – Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnis (Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ) Entscheid: Der Journalist erhält recht. Begründung: Ausstehender politischer oder administrativer Entscheid: Die EMPA hat den Abschlussbericht im Auftrag der armasuisse erstellt, um im Auswahlverfahren des neuen Kampfjets einen lärmtechnischen Vergleich zu haben. Auch wenn sich der Bundesrat bekanntermassen bereits für einen Typ entschieden habe (des US-Herstellers Lockheed Martin), sei der politische Prozess noch nicht abgeschlossen, da die Bundesversammlung noch nicht endgültig abgestimmt habe. Dem entgegnet der EDÖB, dass das Evaluationsverfahren definitv beendet sei, die Wahl eines anderen Kandidaten stehe gar nicht mehr zur Debatte. Der Beschaffungsvertrag sei von den USA gar bereits unterzeichnet. Es sei deutlich erkennbar, dass der Behördenentscheid nach Art. 8 Abs. 2 BGÖ getroffen wurde und die Ausnahmebestimmung nicht mehr anwendbar ist. Er weist die EMPA schliesslich darauf hin, dass der Parlamentsentscheid kein "politischer oder administrativer Entscheid" im Sinne des Art. 8 Abs. 2 BGÖ sein kann, weil die Bundesversammlung nicht dem BGÖ unterstehe. Aussenpolitische Interessen und internationale Beziehungen: Die EMPA macht Vertraulichkeiten von übermittelten Angaben und eines Abkommens zum Schutz von sicherheitsrelevanten Informationen geltend. Der EDÖB erwidert zum einen, dass die Angaben im fraglichen Bericht nicht vom Hersteller geliefert wurden, sondern von der Schweiz erhoben und ausgewerten. Zum anderen genügen gemäss EDÖB die generell formulierten Informationsschutzgrundsätzen nicht als Ausnahme im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ, auch weil sich diese Grundsätze zum Teil nur auf militärisch geschützte Informationen beziehen, was vorliegend nicht der Fall sei. Insgesamt sei nicht ersichtlich, wieso die Beziehungen zwischen der Schweiz und der USA bei Veröffentlichung des Berichts leiden sollten. Der EDÖB prüft nur die Beeinträchtigung zur USA, weil nur noch die Daten zum Flugzeugtyp des US-Herstellers Thema der Empfehlung waren. Geschäftsgeheimnisse: Die EMPA hat nicht aufgezeigt, welche Informationen aus dem Abschlussbericht überhaupt als Geschäftsgeheimnisse zu bezeichnen wären. Zudem habe die Schweiz die enthaltenen Angaben (Messdaten und deren Auswertungen) selbst erhoben, und nicht vom Hersteller übermittelt bekommen. Es liegen also gar keine Informationen des Geheiheimnisträgers vor, weshalb auch diese Ausnahmebestimmung nicht angewendet werden kann. Zusammenfassend erklärt der EDÖB, dass keine der von der EMPA vorgebrachten Ausnahmen dem Zugang zum verlangten Abschlussbericht entgegenstehen. |
03.02.2022 |
Empfehlung Wettbewerbskommission: Marktbeobachtung
EDÖB ermahnt WEKO an Beweislast Mehr… EDÖB ermahnt WEKO an Beweislast Wer: Wettbewerbskommission (WEKO) Was: Eine Privatperson ersuchte beim WEKO unter anderem Zugang zum "Abschlussdossier Nr. 30" im Bereich Landwirtschaft. Darin enthalten sind im Wesentlichen je eine Präsentation von zwei betroffenen Dritten (Interessensvertreter) und die Korrespondenz zu einer Besprechung zwischen den beiden und der WEKO. Die WEKO gab den beiden bekannt, die Dokumente in anonymisierter Form und unter Schwärzung von Geschäftsgeheimnissen zugänglich zu machen. Daraufhin gelangten die beiden an den EDÖB, weil sie eine vollständige Zugangsverweigerung fordern. BGÖ-Artikel: Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnis (Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ) – Zusicherung der Vertraulichkeit durch Behörden (Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ) – Schutz der Privatsphäre Dritter (Art. 7 Abs. 2 BGÖ) – Schutz von Personendaten (Art. 9 BGÖ) Entscheid: Die WEKO soll den Zugang gewähren. Begründung: Offenlegung der Marktanteile: Die betroffenen Dritten sowie die WEKO erklären, dass die Marktanteile nicht öffentliche Informationen betreffen, welche einen wirtschaftlichen Wert hätten, weshalb sie als Geschäftsgeheimnisse zu schwärzen sind. Allerdings wurde bisher nicht konkret ausgeführt, welche Vorteile die Konkurrenten der Betroffenen aus der Offenlegung der Marktanteile ziehen würden. Ohnehin sei fraglich, ob die Marktanteile tatsächlich unbekannt seien: die Betroffenen selber publizieren ihre Jahresumsätze und Jahresproduktionen, und in Kombination mit der Statistik des BFS sei nicht ausgeschlossen, dass auf die Marktanteile geschlossen werden kann. Es fehle daher "am Nachweis des ernsthaften Schadensrisikos und damit auch am objektiven Geheimhaltungsinteresse", so der EDÖB. Präsentationen: Die betroffenen Dritten machen geltend, die Präsentationen seien dem WEKO nur deshalb ausgehändigt worden, weil anlässlich der Besprechung kein Beamer verfügbar war. Sie seien davon ausgegangen, dass die Unterlagen der Geheimhaltung unterliegen würden. Die WEKO hingegen erklärt, dass deswegen noch kein Anwendungsfall der Ausnahmeregel von Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ vorliege und das Dokument deshalb zugänglich sei. Dem gibt der EDÖB recht; es fehlt bereits an der ausdrücklichen Zusicherung der Vertraulichkeit. Schwärzung von Personendaten: Die WEKO beabsichtigt, die Dokumente zu anonymisieren. Die beiden betroffenen Dritten verlangen darüber hinaus nicht nur die Schwärzung von Personendaten, sondern weiterer Inhalte, weil sie aus den Sachinformationen Rückschlüsse auf ihre Identität und damit "Repressionen durch andere marktmächtige Marktteilnehmende" befürchten. Gemäss EDÖB haben sie diese Gefahr jedoch bis anhin nicht konkret dargelegt und begründet. Schliesslich habe die WEKO die umfangreichen Anonymisierungswünsche der beiden Dritten pauschal übernommen, ohne aufzuzeigen, dass es sich bei allen Abdeckungen überhaupt um Personendaten handelt, und dass bei einer Offenlegung die Privatsphäre beeinträchtigt würde. Unter anderem seien etwa auch bloss allgemeine Begriffe ohne Bezug auf bestimmbare Personen abgedeckt worden. Fazit: Die WEKO sowie auch die beiden Dritten argumentieren bloss pauschal und vermögen nicht rechtsgenüglich darzulegen, weshalb die aufgerufenen Ausnahmen vom Öffentlichkeitsprinzip anwendbar wären. Die WEKO soll deshalb den vollständigen Zugang zu den Dokumenten gewähren. |
02.02.2022 |
Empfehlung EDA: Passagierlisten
Es ist zwar keine Liste vorhanden, aber die Passagierdaten schon Mehr… Es ist zwar keine Liste vorhanden, aber die Passagierdaten schon Wer: Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA Was: Ein Journalist ersuchte bei der Bundeskanzlei um Zugang zu den Passagierlisten des Bundesratsflugzeugs seit 1. Januar 2017. Die Bundeskanzlei leitete das Gesuch, soweit diese zuständig ist, ans EDA weiter. Das EDA stellte zwar Fluglisten für die Jahre 2017-2021 zu, jedoch nicht die Namen der Passagiere. Diese würden sie separat nachrecherchieren und die Listen manuell ergänzen müssen, was nicht mittels einfachem elektronischen Vorgangs möglich sei. Es liege deshalb kein amtliches Dokument im Sinne des BGÖ vor. BGÖ-Artikel: Einfacher elektronischer Vorgang (Art. 5 Abs. 2 BGÖ) Entscheid: Journalist kann Einzeldaten verlangen. Begründung: Der Journalist argumentierte, dass abgesehen vom EDA alle übrigen Departemente die Listen zur Verfügung gestellt hätten, selbst wenn dies mit einem Mehraufwand verbunden gewesen sei. Er sehe deshalb nicht ein, wieso dies für das EDA nicht auch möglich sei. Das EDA entgegnete, dass es keine systematischen Passagierlisten führe. "Wer wann zu welchem Zweck als Passagier in einem der Bundesratsjets geflogen ist, muss durch Konsultation der politischen Agenda des Departementschefs für jeden Flug einzeln recherchiert und zusammengetragen werden." Für jede der insgesamt 230 Flugbewegungen wäre deshalb mindestens ein separater manueller Arbeitsschritt erforderlich. Für den EDÖB ist diese Erklärung des EDA glaubhaft. Daraus, dass die anderen Departemente entsprechende Listen übermittelt hätten, liesse sich kein Anspruch auf dieselbe Liste des EDA ableiten. Allerdings verweist der EDÖB zum einen darauf, dass aus den Ausführungen klar hervorgeht, dass die fraglichen Daten (Passagierangaben) durchaus bestehen, wenn auch nicht in Form einer Liste. Der Journalist könne deshalb- allenfalls gegen Gebühr - Zugang zu den vorhandenen Einzeldaten verlangen. Diese sind aufgezeichnet auf einem Informationsträger und deshalb vom BGÖ erfasst (Art. 5 Abs. 1 lit. a BGÖ). Zum anderen habe bereits im Jahr 2018 eine Person Zugang zu Passagierlisten erfragt. Das EDA sei gleich vorgegangen (Zustellung Liste mit Flugbewegungen), der Antragssteller habe aber dann später anhand dieser Liste zu einzelnen konkreten Flügen die Passagiernamen verlangt. Diese Informationen seien daher beim EDA schon in Form eines bestehenden Dokuments vorhanden. Gemäss dem Prinzip "access to one, access to all" solle das EDA diese Unterlagen dem Journalisten zugänglich machen. Obwohl das EDA also keine solche Liste herausgeben muss, erkannt der EDÖB, dass die Daten grundsätzlich vorhanden sind und deshalb auch gemäss dem Öffentlichkeitsprinzip zugänglich gemacht werden müssen. |
19.01.2022 |
Empfehlung BAG: Verträge Covid-19-Impfstoff
EDÖB ändert seine Meinung zum Zugang zu Covid-Impfstoffverträgen Mehr… EDÖB ändert seine Meinung zum Zugang zu Covid-Impfstoffverträgen Wer: Bundesamt für Gesundheit (BAG) Was: Im August 2021 ersuchte ein Rechtsanwalt das BAG, ihm (Impfstoff-)Lieferverträge mit Pfizer und anderen Pharmakonzernen herauszugeben, und begründete: "Der Medienberichterstattung vom 2. August 2021 war zu entnehmen, dass das BAG über vertrauliche vertragliche Vereinbarungen mit den Impfstoffherstellern keine Angaben machen will. Anscheinend seien bei solchen Verträgen die Haftungsrisiken von den Herstellern auf die Allgemeinheit abgewälzt worden." Das BAG erklärte, die Verträge seien der Öffentlichkeit nicht zugänglich, solange die Impfstoffbeschaffung andauere und verwies dabei auf verschiedene Ausnahmebestimmungen des BGÖ. In der Wintersession 2021 wollte der Nationalrat gesetzlich verankern, dass die Verträge veröffentlicht werden sollen, dieser Antrag wurde auf Wunsch des Ständerats verworfen. BGÖ-Artikel: Dokumente über Positionen in laufenden und künftigen Verhandlungen (Art. 8 Abs. 4 BGÖ) – Wirtschafts-, geld- und währungspolitische Interessen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. f BGÖ) - Beeinträchtigung der aussenpolitischen Interessen oder der internationalen Beziehungen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ) – Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnis (Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ) Entscheid: Das BAG soll die Unternehmen anhören und den Zugang gewähren. Begründung: In der Thematik hat der EDÖB bereits mehrere Empfehlungen erlassen (siehe unten); und bisher das Geheimhaltungsinteresse aufgrund wirtschaftspolitischen Interessen der Schweiz geschützt. In vorliegender Empfehlung war deshalb für den EDÖB Kernfrage, ob diese Haltung Anfang 2022 noch rechtmässig und angemessen sei. Zunächst gibt der EDÖB ausführlich die Positionen des Antragsstellers und des BAG wieder (Randziffern 18-21). Das BAG hält an seiner bisherigen Argumentation fest, wonach die Beschaffung des Covid-19-Impfstoffs anhalte und noch immer von der ausserordentlichen Situation der aktuellen Pandemie geprägt werde. Der EDÖB gibt zu bedenken, dass obwohl das Parlament die Veröffentlichung nicht gesetzlich verankert habe, die Debatte gezeigt habe, dass eine breit abgestützte politische Bereitschaft bestehe, die Transparenz mindestens ebenso hoch zu werten wie finanzielle Interessen. Zudem sind natürlich die privaten Interessen der Impfstoffhersteller zu berücksichtigen. Das BAG hat die betroffenen Unternehmen im vorliegenden Zugangsgesuch nicht angehört, obwohl es davon ausgeht, dass "sich die Marktregelln bei der Beschaffungs von Impfstoffen bis Ende 2022 normalisieren werden". Es ist somit nicht einmal bekannt, ob sich die betroffenen Unternehmen gegen eine Veröffentlichung wehren würden. Angesichts der weggefallenen Knappheit von Impfstoffen könne vom BAG nun erwartet werden, dass es konkreter aufzeigt, weshalb der Schweiz bei Veröffentlichung der Verträge tatsächlich schlechtere Konditionen in der Impfstoffbeschaffung drohen würden. Der EDÖB erachtet es somit nicht mehr als angemessen, den Zugang weiterhin integral aufzuschieben. Ob nebst Geschäftsgeheimnissen weitere Gründe bestehen, weshalb der Zugang eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden müsste, kann der EDÖB nur sumarisch prüfen, da das BAG diese bis anhin nicht konkret dargelegt hat. Nach Einschätzung des EDÖB liegen jedenfalls keine solche Gründe vor. Der EDÖB fordert das BAG deshalb auf, die betroffenen Unternehmen (Moderna, AstraZeneca, Pfizer/BioNTech, Curevac, Novavax) anzuhören, und unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzip den Zugang zu den Verträgen zu gewähren. |
18.01.2022 |