Die besten Transparenz-Geschichten

Öffentlichkeitsgesetz.ch zeichnet Medienschaffende aus, die ein Öffentlichkeitsgesetz zielführend und wirkungsvoll anwenden. Zehn nominierte Beiträge werden jedes Jahr von einer breit abgestützten Fachjury bewertet.
Prix Transparence 2024: Anina Ritscher, «Reflekt»
Dank Lobbying ein millionenschweres Steuergeschenk für die Schifffahrtsindustrie? Das Recherche-Team «Reflekt» dokumentierte mithilfe des Öffentlichkeitsgesetzes, wie ein Schifffahrtskonzern die Verwaltung beeinflusste.
Am Anfang der Recherche stand der Verdacht, dass der in der Schweiz ansässige, weltweit tätige MSC-Konzern direkten Einfluss auf eine Gesetzesvorlage genommen hatte, die im Parlament zur Beratung anstand. Mit dem Öffentlichkeitsgesetz des Bundes forderte Anina Ritscher die Korrespondenz zwischen der Verwaltung und dem Schifffahrtsunternehmen an. Beim Finanzdepartement stiess die Journalistin auf Widerstand – erst nach einer Schlichtungsverhandlung wurden die Dokumente, stark geschwärzt, zugänglich gemacht. Die Unterlagen bestätigten den Verdacht: MSC konnte gemeinsam mit dem Branchenverband direkten Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen.
Auch Recherchen zu Geheimdienst und Umweltpolitik ausgezeichnet
Den 2. Platz des Prix Transparence gewinnt Leo Eiholzer («NZZ am Sonntag»). Er zeigte mit dem Öffentlichkeitsgesetz auf, dass unzufriedenes Personal und eine missglückte Reorganisation die Arbeit des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) beeinträchtigen, insbesondere in der Bekämpfung von Gewaltextremismus und Terrorismus.
Mit dem 3. Platz ausgezeichnet werden Cornelia Eisenach und Priscilla Imboden («Republik»). Sie zeigten mit dem Öffentlichkeitsgesetz unter anderem auf, wie das Bundesamt für Umwelt kritische Aussagen zur Biodiversität in einem Bericht umformulierte oder löschte.
Prix Transparence Regio geht an «Le Temps»
Der Prix Transparence Regio geht an den damaligen Journalisten David Haeberli. Seine Recherche für «Le Temps» zeigt, wie der Vorstand der Genfer Pensionskasse Sanierungskosten heimlich von 4,4 auf 6 Milliarden Franken erhöhte.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 179 Beiträge von 52 Redaktionen aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2024 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2024, fünf für den Prix Transparence Regio 2024 nominiert.
Prix Transparence 2023: Simon Marti, «NZZ am Sonntag»
Lange wälzte der Bundesrat das heikle Dossier zu Sanktionen gegen China – und schwieg dazu in der Öffentlichkeit. Für die Rekonstruktion dieser Diskussionen wurde Simon Marti von der «NZZ am Sonntag» mit dem Prix Transparence 2023 ausgezeichnet.
Nach mehreren Beratungen lehnte der Bundesrat Massnahmen gegen chinesische Funktionäre oder Unternehmen ab. Das stand im Widerspruch zur offiziellen China-Strategie des Bundes, die Menschenrechte stark gewichtet. Seinen Entscheid kommunizierte der Bundesrat der Öffentlichkeit nicht. Dieser hätte zweifellos für Aufsehen gesorgt und Kritik erregt. Zum verborgen gehaltenen Vorgang in der Regierung verlangte «NZZ am Sonntag»-Journalist Simon Marti Dokumente von der Verwaltung und kämpfte in einem Schlichtungsverfahren für den zuerst verweigerten Zugang.
Klima-Ablasshandel, Ausschaffungen und Staats-PR zwei und drei
Der 2. Platz des (nationalen) Prix Transparence ging an Alex Tiefenbacher und Luca Mondgenast von «Das Lamm» für eine Recherche über den Schweizer Handel mit Emissionsrechten. Sie hatten mittels Öffentlichkeitsgesetz enthüllt, welche Unternehmen überschüssige Gratiszertifikate profitabel verkaufen.
Mit dem 3. Platz geehrt wurden Anna Jikhareva und Kaspar Surber von der «WOZ». Sie hinterfragten mittels Öffentlichkeitsgesetz eine EJPD-Kampagne gegen die Konzernverantwortungs-Initiative. Ebenfalls mit dem 3. Platz ausgezeichnet wurde eine Recherche über die Mängel in der medizinischen Begleitung von Ausschaffungsflügen von Asylsuchenden, die von Philippe Boeglin in «Le Temps», von Xavier Lambiel in «La Liberté» und von Bayron Schwyn in «Arcinfo» publiziert wurde
Prix Transparence Regio geht an «Léman Bleu»
Der Prix Transparence Regio ging an Jérémy Seydoux von «Léman Bleu». Er ging der Frage nach, ob die damalige Genfer Grünen-Staatsrätin Fabienne Fischer für ihre Wahlkampagne Staatsgelder missbraucht hatte.
Insgesamt hatte Öffentlichkeitsgesetz.ch 114 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2023 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2023, fünf für den Prix Transparence Regio 2023 nominiert.
Prix Transparence 2022: Yves Demuth, «Beobachter»
Hartnäckig verlangte er Fakten zu internierten jungen Frauen – und konnte belegen, dass Schweizer Heimkinder in Fabriken öfter ausgebeutet wurden, als bisher bekannt war. Dafür wurde der «Beobachter»-Journalist Yves Demuth mit dem Prix Transparence 2022 ausgezeichnet.
Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes hat der Journalist Zugang zu einer Datenbank des Bundesarchivs verlangt. Darin sind die Institutionen erfasst, in die Teenager aus jenischen Familien bis Mitte der Siebzigerjahre von Fürsorgebehörden interniert wurden. Erst auf Druck von Betroffenen und Forschenden kam er an darin verzeichnete Informationen. Um solche Angaben aus der archivinternen Arbeitshilfe zu erhalten, wehrte sich Demuth auch beim Öffentlichkeitsbeauftragten des Bundes in einem Schlichtungsverfahren. «Mir leuchteten die Datenschutz-Argumente der Verwaltung nicht ein», sagt er. Die erkämpften Informationen waren die Grundlage für eine umfassende Recherche zu einem – laut Demuth — «repressiven System der Fürsorgebehörden, das aus 16- bis 20-jährigen jungen Frauen sittsame und angepasste Ehefrauen formen sollte.»
Wasserkraft-Projekte und Lobbying auf Platz zwei und drei
Mit dem zweiten Platz geehrt wurde eine Recherche der freien Journalistin Catherine Duttweiler zur Energiewende. Sie erkämpfte sich – ebenfalls für den «Beobachter» – mit einem Schlichtungsverfahren eine Liste mit Wasserkraft-Projekten. Diese sollen aktiviert werden, wenn von einem Runden Tisch favorisierte Vorhaben nicht umgesetzt werden können. Der Journalist Florent Quiquerez wurde mit seinem in «Le Matin Dimanche» erschienenen Artikel zum Lobbying von Süssgetränkeherstellern mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Er konnte mit Verwaltungsdokumenten belegen, dass eine Vorlage über eine obligatorische Zahnversicherung mit Geld von Süssgetränke-Herstellern bekämpft wurde.
Prix Transparence Regio geht an «Zentralplus»
Den zum ersten Mal vergebenen Prix Transparence Regio gewann die Innerschweizer News-Plattform «Zentralplus». Journalist Kilian Küttel recherchierte akribisch zum unerwarteten Rücktritt des Zuger Sicherheitsdirektors Beat Villiger. Gestützt auf das Zuger Öffentlichkeitsgesetz verlangte er Regierungsratsprotokolle heraus, in denen die Regierung Villigers Gesundheitszustand, seine Auszeit und seinen Rücktritt thematisiert wurden.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 81 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2022 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2022 nominiert.
Prix Transparence 2021: Adrienne Fichter, «Republik»
Mit amtlichen Dokumenten rekonstruierte sie bundesinterne Diskussionen über eine Privatisierung der elektronischen Identität und deckte Strippenzieher auf. Dafür wurde die Journalistin Adrienne Fichter mit dem Prix Transparence 2021 ausgezeichnet.
Im Vorfeld der Volksabstimmung zur E-ID rekonstruierte Adrienne Fichter für die «Republik» die Entstehungsgeschichte der umstrittenen Vorlage. In die Kritik gerieten Bundesverwaltung und Regierung, weil nach ihren Plänen nicht der Staat, sondern private Unternehmen Bürgerinnen und Bürgern den Identitätsausweis fürs Internet ausstellen sollten. Zu diesem digitalpolitischen Sonderweg kam es laut den «Republik»-Recherchen nach intensivem Lobbying von Interessensverbänden und Unternehmen.
Kriegsmaterialkontrollen und Bergsturz auf Platz zwei und drei
Mit dem zweiten Platz geehrt wurde eine Recherche von Tamedia-Journalist Roland Gamp. In seinem in der «Sonntagszeitung» erschienenen Beitrag «Schweizer Kriegsmaterial im Ausland nicht mehr auffindbar» enthüllt er gestützt auf interne Berichte Probleme bei der Kontrolle von Waffenausfuhren. Immer wieder sind Export-Waffen laut Dokumenten des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Ausland nicht mehr auffindbar. Unklar ist so, ob die Waffen unerlaubt weitergegeben wurden.
Die Journalistin Stefanie Hablützel wurde mit ihrem im «Beobachter» erschienenen Artikel zum Bergsturz in Bondo GR (Titel: «War das Unglück verhinderbar?») mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Mails, welche die Journalistin von der ETH Zürich herausverlangt hatte, belegen, dass die Behörden vor einem möglichen Naturereignis gewarnt waren. Die kritische Zone, in der acht Menschen starben, wurde trotzdem nicht gesperrt.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 96 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2021 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2021 nominiert.
Prix Transparence 2020: Jan Jirát, Kaspar Surber und Lorenz Naegeli, «Die Wochenzeitung»
Fünf Jahre lang kämpften sie für die Daten, die einen tiefen Einblick ins Schweizer Rüstungsgeschäft ermöglichen. Dafür wurden die «Woz»-Journalisten mit dem Prix Transparence ausgezeichnet.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) verweigerte den Zugang zur Firmenliste zuerst hartnäckig, da Geschäftsgeheimnisse und aussenpolitischen Interessen der Schweiz tangiert seien. In einem unmissverständlichen Urteil machte das Bundesgericht dann aber klar, dass die Namen der Rüstungsexport-Firmen veröffentlicht werden müssen. Die von den «WOZ»-Journalisten erkämpften Daten geben erstmals einen tiefen Einblick ins Schweizer Waffengeschäft: Sie zeigen, wer die rund 150 im Rüstungsgeschäft tätigen Firmen sind, welche vom Bund 2017 eine Exportbewilligung erhalten haben.
Lonza und Pestizid-Verschmutzung auf Platz zwei und drei
Mit dem zweiten Platz geehrt wurde der Beitrag «Die Klimaschande von Visp» von «Tamedia»-Journalist Christoph Lenz. Mithilfe von herausverlangten E-Mails belegte er im «Magazin» ein gravierendes Umweltversagen des Lonza-Werks im Wallis und der Behörden. Ausgangspunkt seiner Recherche war die Mitteilung, dass das Chemiewerk ein Prozent der Treibhausgase der Schweiz ausstösst.
Die beiden Journalisten Mathias Gottet und Cedric Fröhlich wurden für ihren Beitrag «Das dreckige Wasserschloss» zu Pestizid-Verschmutzungen im Kanton Bern mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Der in der «Berner Zeitung» erschienene Beitrag enthüllt mithilfe des Berner Informationsgesetzes, dass in viel mehr Trinkwasserfassungen als bisher angenommen Chlorothalonil gefunden worden war.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 106 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2020 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2020 nominiert.
Prix Transparence 2019: Nina Blaser und Anielle Peterhans, «Rundschau»
Sie brachten die Fakten über die Preisverhandlungen zu einem Krebsmedikament auf den Tisch. Dafür wurden die «Rundschau»-Journalistinnen mit dem Prix Transparence ausgezeichnet.
Die beschafften Akten belegen einen eigentlichen Preispoker zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem Pharmakonzern Roche. Anfangs verlangt Roche pro Packung Perjeta 3950 Franken, das BAG wollte aber nur 1850 Franken bewilligen. Schliesslich setzte Roche den hohen Preis durch – und gewährte den Schweizer Krankenversicherern im Gegenzug einen Rabatt von über 2000 Franken. Ein abgekartetes Spiel, sagt ein Experte im «Rundschau»-Beitrag: Roche habe einen Schaufensterpreis aushandeln wollen: «Je höher der Schweizer Preis ist, desto eher kann man auch im Ausland einen hohen Preis verlangen.»
IV-Ärzte und Praktikantinnen-Löhne auf Platz zwei und drei
Mit dem zweiten Platz prämiert wurde der Beitrag von «Sonntags-Blick»-Journalist Thomas Schlittler. Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz hat er vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) eine Liste mit IV-Gutachtern herausverlangt. Eine Auswertung der Zahlen zeigte, dass die IV-Stellen die Aufträge einseitig vergeben haben. Den Behörden genehme Ärzte kassierten so über Jahre Millionen.
Der Solothurner Journalist Lucien Fluri wurde mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Er ist mithilfe des Solothurner Informationsgesetztes an Dokumente gelangt, die ein gravierendes Lohndumping bei Praktikantinnen in Kindertagesstätten belegen. Drei bis vier Franken Stundenlohn sind hier an der Tagesordnung. Die Jugendlichen, die auf eine Lehrstelle spekulieren, sind teils mehrere Jahre so angestellt – und das ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 66 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2019 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2019 nominiert.
Prix Transparence 2018: Philippe Boeglin, «La Liberté»
Alpenbitter-Orgien und Heliflüge für Offiziers-Gattinnen: Medienschaffende enthüllten mithilfe des Öffenlichkeitsgesetzes Spesenexzesse der Armee. Philippe Boeglin wurde dafür ausgezeichnet.
Zuerst wollte die Armee den von Boeglin herausverlangten Untersuchungsbericht geheim halten. Darin wird ein ungehemmter Umgang hoher Militärs mit Staatsgeldern dokumentiert: Mehrmals jährlich hätten sich diese zu gediegenen Seminaren getroffen, mit «anständigen» Mehrgängern und «limitless Alkohol». Partnerinnen von hohen Militärs wurden für Zehntausende Franken in Helikoptern zu Seminaren geflogen. Nach einer Schlichtung beim Öffentlichkeitsbeauftragten des Bundes konnte «La Liberté» das Ausmass der Spesenexzesse deutlich machen.
Quecksilber und PCB auf Platz zwei und drei
Mit dem zweiten Platz prämiert wurde 2018 eine Medienvereinigung, bestehend aus Walliser Bote, Le Nouvelliste, dem Westschweizer Fernsehen RTS und Le Temps. Die Medienschaffenden David Biner, Julien Robyr, Marie Giovanola und Xavier Lambiel hatten vor einem Jahr von den Walliser Behörden einen Untersuchungsbericht zur Historie der Quecksilberverschmutzung durch das Chemiewerk Lonza herausverlangt. Anhand des Dokuments konnten sie zeigen, wie die Behörden das gravierende Umweltproblem ignoriert und dadurch verschärft hatten.
Die Bündner Journalistin Stefanie Hablützel wurde mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Sie hat für die Zeitschrift Der Beobachter zu einer Umweltpanne bei der Sanierung der im Kanton Graubünden gelegenen Staumauer Punt dal Gall recherchiert. Unterlagen, welche sie gestützt auf das kantonale Öffentlichkeitsgesetz herausverlangt hatte, lassen auf ungenügende Kontrollen schliessen. 2016 gelangten vermutlich grosse Mengen der krebserregenden Industriechemikalie PCB ins Wasser.
Insgesamt hat Öffentlichkeitsgesetz.ch 46 Beiträge aus Presse, Rundfunk und TV evaluiert, welche 2018 mithilfe eines Öffentlichkeitsgesetzes realisiert worden sind. Zehn davon wurden für den Prix Transparence 2018 nominiert.



















