Tipps & Tricks
1. Ein Dokument gibt’s immer
Zu fast jedem Vorgang in der Verwaltung existiert auch ein amtliches Dokument. Die Frage lohnt sich bei jeder Recherche: «Welches Dokument, Protokoll oder E-Mail könnte mir jetzt weiter helfen?» Und: «Wo ist es zu holen?»
2. Die Verwaltung auf Kurs bringen
Der Hinweis auf das Öffentlichkeitsgesetz («Das dürfen/müssen Sie mir laut BGÖ zugänglich machen») kann bei Medienverantwortlichen Berge versetzten. Im täglichen Kontakt mit Medienstellen immer auch mit dem Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) argumentieren.
3. Nie mit dem Antrag ins Haus fallen
Vor einem formellen Antrag auf Akteneinsicht immer beim Amt nachfragen, welche Dokumente existieren – und ob sie auch ohne Einsichtsgesuch auf informellem Weg zu haben sind.
4. Dokumente recherchieren
Bevor ein Akteneinsichtsgesuch gestellt wird, müssen die Hausaufgaben gemacht sein: Das Thema in Vorgesprächen ausloten und alle öffentlich zugänglichen Quellen kennen. Checken, ob das gesuchte Dokument nicht schon auf der Homepage steht!
5. Konkret fragen
Wenn ganz konkret nach einem existierenden Dokument gefragt wird, können Behörden einem BGÖ-Antrag schwer ausweichen. Deshalb in der Vorrecherche Titel und Erstellungsdatum eines Dokuments erfragen.
6. Mehrere Quellen anzapfen
Oft beschäftigen sich mehrere Bundesämter mit einem Thema. Vor der Umsetzung der Recherche lohnt sich die Frage: Wo sind auch noch Dokumente einzufordern.
7. Die Ausnahmen kennen
Nicht immer hilft das Öffentlichkeitsgesetz weiter. Strafverfahren und Rechtshilfe sind ausgenommen. Nationalbank, Finanzmarkaufsicht und Parlament ebenfalls. Genauso Dokumente, die eine Behörde kommerziell nutzt, die noch nicht fertig gestellt, zur Entscheidsfindung der Regierung dienen oder persönlicher Natur sind.
8. Den Papertrail kennen
Die Verwaltung ist zu unserem Glück gut organisiert. Bis Ende 2011 müssen die Ämter ihre Geschäfte in einem elektronischen Geschäftsverwaltungssystem (Gever) abgelegt haben. Wer dieses System kennt, kennt die Verwaltung. Mit einer Dokumentenliste aus Gever in der Hand, lässt sich über die Freigabe einzelner Dokumente hart verhandeln.
9. Hartnäckig sein
Wenn Behördenvertreter bei heiklen Themen abwinken, sich unwissend stellen oder vernebeln, müssen wir sie an ihre Informationspflichten erinnern. Angebote für Teillieferungen von Informationen können bedenkenlos angenommen werden: In schwierigen Dossiers sind sie eine gute Basis für ein umfassendes Einsichtsgesuch.
10. Ein Blick ins Gesetz
Merke: Das Amt hat nicht immer recht und kennt das Recht oft schlecht. Deshalb lohnt sich ein Blick ins Gesetz, die Verordnung, die Botschaft zum Gesetz oder die Umsetzungsrichtlinien. Auch unsere Jusline hilft gratis weiter.
11. Die vielen Daten nicht vergessen
Dokumente im Sinn des Öffentlichkeitsgesetztes sind nicht nur Papiere, auch alles, was sich mit einem „einfachen elektronischen Vorgang“ generieren lässt (Ctrl-C). Deshalb auch immer nach Datensammlungen, E-Mails oder Powerpoint-Präsentationen fragen.
12. Tief ins Dossier steigen
Es lohnt sich, in einem Antrag nicht nur nach einem einzigen, bekannten Dokument zu fragen, sondern auch alle anderen Dokumente im selben Kontext zu verlangen.
13. Bestimmt intervenieren
Wenn Behörden Fristen nicht einhalten oder das Öffentlichkeitsgesetz offensichtlich falsch umsetzten, lohnt sich freundlicher Protest fast immer. Krasse Fehlleistungen gehören veröffentlicht.
14. Andere Anträge verfolgen
Der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes (EDÖB) publiziert seine Schlichtungsentscheide. Aus diesen wird klar, was andere anfragen: Eine Quelle der Inspiration.
15. Termine verhandeln
Behörden müssen laut Gesetz Rücksicht auf die zeitliche Dringlichkeit der Berichterstattung nehmen. Öffentlichkeitsbeauftragte sind damit oft überfordert. Manchmal lohnt es sich, in einem ersten Schritt nur einen, für die aktuelle Berichterstattung nötigen, Teil eines Dokuments zu verlangen.
16. Kommissionen nicht vergessen
Ausserparlamentarische Kommissionen und Arbeitsgruppen gibt zu fast jedem Thema. Sie werden von der Bundesverwaltung privilegiert informiert. Entsprechend interessant sind die Sitzungsprotokolle.
17. Dran bleiben
Es lohnt sich, Anträge in einem Spezialgebiet immer wieder zu stellen: Protokolle, interne Statistiken und andere Schlüsseldokumente wiederholen sich. Wer konsequent anfragt, ist top informiert.
18. E-Mail benutzen
Die elektronische Post ist schnell, effizient und archiviert sich selbst. BGÖ-Angelegenheiten wenn immer möglich per E-Mail abwickeln, Dokumente in elektronischer Form anfordern.
19. Für Transparenz einstehen
Grundsätzlich sollten sich Medienschaffende den Zugang zu Dokument nicht vor dem Richter oder der Schlichtungsstelle erkämpfen. Grundsätzlich gilt: Verhandeln, verhandeln, verhandeln. Bei Uneinsichtigen lohnt sich ein Weiterzug. Das Öffentlichkeitsgesetz ist ein Mittel, das sich Medienschaffende nicht nehmen lassen dürfen.
20. Offen deklarieren
Journalistinnen und Journalisten gehen offen mit der Quellenlage um. Wenn ein Dokument oder eine Information dank BGÖ zugänglich wurde, muss dies deklariert werden. Zum Beispiel so: «Das Protokoll, in das unsere Zeitung gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einblick nehmen konnte…».